Marica Schroeter-Francesevic, 43, eigentlich Event- und Kulturmanagerin, jetzt auch Autorin. Ihr Debütroman „Plötzlich Stiefmutter“ ist seit heute offiziell erhältlich. Wir haben Marica anlässlich der Veröffentlichung ihres ersten Buches ein paar Fragen gestellt.
Marica, du lebst selbst in einer Patchwork-Familie mit deinem Mann, einer 7-jährigen Tochter und 3 Stiefkindern. Hat dein Buch Bezüge zu deinem eigenen Leben? Haben deine eigenen Erfahrungen dich dazu inspiriert, überhaupt ein Buch zu schreiben?
Ja voll und ganz. Das kann man gar nicht voneinander trennen. Es ist aber auch nicht so, dass es rein biografisch wäre. Lebensrealtität trifft auf Fiktion würde ich sagen. Einige der lustigen Passagen sind so, oder zumindest ähnlich passiert. Trotz allem bin ich nicht die Titelheldin.
Das Buch schlummerte einige Zeit in dir, speziell diese Story? Oder hattest du auch grundsätzlich schon den Drang, zu schreiben?
Ich wollte immer schon ein Buch schreiben. Das stand schon lange auf meiner Bucket-List. Aber da kam dann doch immer wieder etwas dazwischen. Meine persönliche Geschichte und das Thema Patchwork hat mich dann doch so bewegt, dass ich dieses Buch geschrieben habe. Schon allein deswegen, um die Themen einer Stiefmutter in die Öffentlichkeit zu bringen.
Im Übrigen schreibe ich auch schon am nächsten Buch. Autorin zu sein ist schon das, was ich auf jeden Fall auch in Zukunft machen möchte.
Du sagst, du möchtest die „Themen einer Stiefmutter in die Öffentlichkeit bringen“ – Was liegt dir dabei besonders am Herzen? Was sollen die Leser*innen denn bestenfalls aus deinem Roman mitnehmen?
In erster Linie geht es mir darum, diesem negativen Image einer Stiefmutter ein sympathisches Gesicht zu geben. Eine Stiefmutter muss es jedem Recht machen. Sie muss ultranett zu einem völlig fremden Kind sein, sie muss Verständnis für die Ex des Partners haben, muss einen Teil ihres alten Lebens aufgeben und dazu am besten immer gut gelaunt sein. Sonst wird sie schnell zur „bösen Stiefmutter“ . Dabei ist sie ja auch nur ein Mensch, die womöglich, wie meine Titelheldin im Buch, noch gar keinen Plan von Kindern hat.
Hier ein Bewusstsein zu schaffen, auf humorvolle Art und Weise, ist mir ein Anliegen. Natürlich auch immer mit dem Hintergrund, das verletzte Gefühle vorausgegangen sind.
Was waren für dich denn die größten Herausforderungen im ganzen Prozess? Aber auch: Was hat dir am meisten Spaß gemacht?
Die größte Herausforderung beim Schreiben war, persönliche Erfahrungen zwar einfließen zu lassen, aber es trotzdem nicht zu meiner persönlichen Geschichte werden zu lassen. Das wollte ich vermeiden. Meine Stiefkinder haben das Buch auch gelesen, haben sich in manchen Situationen auch wieder gefunden und konnten mit mir darüber lachen. Das war es auch, was mir am meisten Freude gemacht hat.
Gab es dabei auch Stellen, bei denen Familie oder Freunde quasi ein Veto eingelegt haben? Klar ist dein Buch nicht autobiografisch, aber ich kann mir vorstellen, dass man beim Lesen schonmal an so Stellen kommt, wo man sich denkt: „Nee, das ist zu sehr inspiriert von etwas, das tatsächlich passiert ist, so gefällt mir das aber nicht, nimm das lieber raus oder schreib es um“
Meine Stieftochter meinte: „Oh, da kommt der Papa aber gar nicht gut weg.“
In dem Kapitel geht es darum, wie es zur neuen Beziehung mit der Stiefmutter kommt. Da geht es nun mal auch um Ehebruch. Der Titelheld ist aber auch nicht mein Mann, also nicht ihr Papa. Aber trotzdem ist es natürlich spannend nach Parallelen zu suchen.
Ansonsten nehme ich meine Titelheldin aber sehr aufs Korn und wenn es da Parallelen zu unserer eigenen Geschichte gab, dann war das eher witzig. Deshalb nein, ein Veto gab es nicht.
Viele Autor*innen sind ja gleichzeitig auch selbst Leseratten, trifft das auch auf dich zu? Wenn ja, welche Autor*innen oder Bücher gefallen dir besonders oder inspirieren dich vielleicht sogar bei deiner eigenen Arbeit? Ein*e Leser*in schreibt: „erinnert an die Bücher von Ephraim Kishon“
Der Vergleich mit Ephraim Kishon gefällt mir natürlich sehr! Das ist für mich ein sehr großes Kompliment!
Ich habe tatsächlich versucht, während des Schreibprozesses keine anderen Bücher zu lesen. Ich wollte mich nicht beeinflussen lassen durch andere Autoren, die mir gefallen. Ich wollte voll und ganz meinen eigenen Schreibstil haben.
Ich habe ein Notizbuch voller Gedanken, die mir kommen. Die schreib ich da rein. Total durcheinander. Manchmal leider sehr unleserlich. Das hilft mir aber, wenn ich bei meiner Geschichte auch mal nicht weiter weiß. Das gibt mir manchmal Denkanstöße. Und dann geht’s weiter.
Ich lese gerne. Kreuz und quer alles. Von den Kindergeschichten, die ich meiner Tochter vorlese, die Biografie von Bill Kaulitz, Liebesromane bis hin zu Dostojewski. Mein allerliebstes Lieblingsbuch ist Narziss und Goldmund von Hermann Hesse.
„Plötzlich Stiefmutter“ ist ja dein erstes Buch: Was hast du mitgenommen, aus dem Prozess gelernt? Welche Tipps würdest du vielleicht an jemanden weitergeben, der selbst schriftstellerische Ambitionen hat?
Mein Tipp für alle Autoren, die erst noch ein Buch veröffentlichen wollen ist: Bleibt dran! Wählt ein Thema, dass euch emotional berührt oder über das ihr gerne recherchieren möchtet. Eine gewisse Struktur ist vielleicht auch nicht so schlecht. Wenn man das Ziel weiß, ist der Weg leichter.
Maricas Debütroman, „Plötzlich Stiefmutter: Von Liebe, Patchwork und anderem Chaos. Ein humorvoller Roman für Mütter und alle die es (nicht) werden wollen.“ ist seit heute in den gängigen Buchhandlungen sowie auf amazon erhältlich.
Mehr zu Marica und ihren zukünftigen Projekten: marrysbook auf instagram
Vielen Dank an Marica für das aufschlussreiche Interview!
LESEPROBE
„Sie will, dass du ihr eine Geschichte vorliest. Würdest du das machen?“
„Sie will wirklich, dass ich ihr eine Geschichte vorlese?“ Ich sah ihn erstaunt an. Natürlich freute ich mich, aber ich war auch ein bisschen erschrocken.
„Ja. Anscheinend mag sie dich“, teilte er mir mit. Ich glaube, er war in diesem Moment sehr glücklich. Denn auch, wenn er sich immer so cool gab, war er sicher auch aufgeregt gewesen und hatte heimlich gehofft, dass heute alles gut lief und Mathilda und ich uns verstanden. Ich war auch sehr glücklich darüber, aber ich hatte noch nie jemanden eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen.
„Wie macht man das?“
„Wie macht man was?“
„Vorlesen“, sagte ich.
Er reichte mir ein Buch. „Lies einfach. Das Alphabet kennst du ja. Fang am besten ab Seite eins an, damit du sie nicht verwirrst.“
„Haha, sehr lustig!“
Ich schnappte mir das Buch und ging zu Mathilda ins Schlafzimmer. Dort setzte ich mich auf den Boden am Bettrand und begann zu lesen. Als ich fertig war und gerade „Gute Nacht“ sagen wollte, fragte mich Mathilda: „Alexa? Willst du auch mal ein Kind haben?“
Ehm. Wieso fragt sie mich so etwas? Gerade hatte ich angefangen, mich zu entspannen. Diese Kindersache nicht mehr ganz so gruselig zu finden. Und dann fragt sie mich so etwas.
Sie fuhr fort: „Mama und ich wollen das nicht so gern.“
Aha, alles klar! Wenn ihr das nicht wollt, dann ist es ja quasi schon entschieden. Wo zum Teufel ist Sven, wenn er gebraucht wird? Was sollte ich darauf antworten? Ich ging nicht davon aus, dass sie meine gynäkologischen Überlegungen zu dem Thema verstehen würde. Außerdem hatten wir gerade erst die ersten 5 unserer 51 Stunden abgearbeitet. Da fand ich es noch zu früh, über so etwas zu reden.
Der Einfachheit halber sagte ich: „Nein, nein, ich will auf gar keinen Fall Kinder!“
„Versprochen?“
„Ja, versprochen.“
„Oh gut!“, sagte sie.
„Ja, gut!“, sagte auch ich.
„Dann kann ich das ja so der Mama erzählen.“
„Ja, mach das“, antwortete ich.
Ich war zwar nicht sicher, ob ich das gut fand, aber damit war es erstmal abgehakt und ich hatte erreicht, was ich wollte, nämlich so schnell wie möglich das Thema zu beenden. Ich wünschte ihr noch schnell eine gute Nacht, ging im Eiltempo zur Tür hinaus und schloss sie hinter mir. Dort blieb ich kurz stehen und atmete tief durch.
Zurück im Wohnzimmer war Sven schon dabei, mir mein Bett fertig zu machen. Er grinste. Anscheinend war er ganz zufrieden damit, wie der Abend verlaufen war. Dabei kannte er noch gar nicht die aktuellsten Entwicklungen.
Er sagte: „Na, das war doch ganz gut für den Anfang.“
„Ja, könnte sein“, antwortete ich. „Ich habe ihr übrigens versprochen, dass wir keine Kinder bekommen werden.“
„Was? Warum? Warum sagst du ihr so etwas?“
Gute Frage! Vielleicht deshalb, weil er mich allein in die Höhle der kleinen Löwin geschickt hatte und ich ihr schutzlos ausgeliefert gewesen war? Weil wir vorher über Pyjamas und Pinguine geredet hatten und ich eher damit gerechnet hatte, über die Kultur des Zöpfe flechtens zu debattieren als über die Funktion meiner Gebärmutter? Außerdem dachte ich, naiv, wie
ich war, dass zuerst Sven und ich darüber reden würden, bevor ich das Thema mit seinem Kind besprach. Falsch gedacht.
„Um das mal klarzustellen“, fuhr er fort, „da habe ich auch noch ein Wörtchen mitzureden. Vielleicht möchte ich ja nochmal ein weiteres Kind haben.“
„Ach echt?“, fragte ich.