Wenn man zwei Monate in der Stadt seiner Träume verbringt, möchte man sich natürlich möglichst gut darauf vorbereiten. Aber wie gut kann man auf sowas überhaupt vorbereitet sein?

Ich für meinen Teil bin es gar nicht. Gut, die Tickets sind gebucht, aber das ist im Zeitalter des Internets der kleinste Schritt. Wenn man PayPal nutzt, dauert das keine 20 Minuten. Davon sind fünf Minuten den richtigen Flug rauszusuchen & zu buchen und dann zwischendurch 15 Minuten hin und her: Soll ich, Soll ich nicht? Kann ich mir das überhaupt leisten und Oh Gott, zwei Monate.

Na gut, ich hab mir auch noch ein paar andere Gedanken gemacht, die damit einhergehen. Zum Beispiel wie ich, als absoluter Kleidungsliebhaber, mit einem Koffer für zwei Monate auskommen soll.
Ganz einfach: gar nicht. Die Lösung war dann im Endeffekt, etwas mehr Geld auszugeben, um deutlich mehr Geld zu sparen.

Mein Gedankengang war wie folgt:

1.

Ich muss mich einschränken und einfach nur das Nötigste mitnehmen.
Kann ja nicht soooo schwer sein.

2.

Doch, ist es.

3.

Ich kann das nicht.

4.

Brauch ich wirklich so viel Zeug? Quatsch, Hälfte wieder raus.

5.

Natürlich nicht – aber ich will! Hälfte wieder rein.

6.

Hahahahah, was hab ich mir dabei gedacht.

7.

Wie viel wohl ein zusätzlicher Koffer – 150€ PRO STRECKE???! Auf keinen Fall zahl ich das!

8.

Ich könnte ein Paket in die USA schicken, das kostet immerhin nur 70€.

9.

Wieso kostet es $ 300, das selbe Paket wieder zurück zu schicken????

10.

Vielleicht zahl ich es doch.

11.

Auf keinen Fall zahle ich das.

12.

Vielleicht reicht doch ein Koffer.

13.

Was mach ich mir vor, ich brauche ja schon einen Koffer für sechs Tage.

 

 

Und so weiter.

Manche mögen mich jetzt schütteln wollen und brüllen: NIMM EINFACH NUR EINEN KOFFER MIT, MEINE GÜTE. So wie mein Freund, nachdem er den Zyklus des Kofferproblems etwa 8 Mal laut mit anhören musste. Aber ihr versteht nicht: Ich liebe Kleidung. Ich atme Kleidung, ich lebe sie. Das größte, kleine Glück, das ich erlebe, ist morgens aufzustehen und mich anzuziehen. Und in einer Stadt wie New York kann man mit Mode spielen wie sonst nirgendwo.  Sterbe ich mit nur einem Koffer? Nein. Bin ich tagtäglich traurig und wünsche mir meine Klamotten her – und das so sehr, dass es massive negative Auswirkungen auf meine tägliche Stimmung hat? Auf jeden Fall. Wenn es irgendeine Chance gibt, mich nicht mit einem Koffer zufriedengeben zu müssen, dann nehme ich sie wahr, verdammt noch mal.

Diese Chance eröffnete sich mir bald mit der airberlin topbonus Service Card. Nachdem ich darüber gründlich recherchiert hatte, war es eindeutig, dass es darauf hinauslaufen würde. Mit der Karte kann ich nämlich einen weiteren Koffer UND ein Fahrrad gratis mitnehmen. (Was mir auch noch die $ 320 für die Monatskarten spart. Wie es sich in New York Fahrrad fährt, davon berichte ich in einem späteren Artikel dann noch – angenommen ich überlebe.) Allerdings kostet diese Karte auch 119€ im Jahr, aber gut, immerhin schon mal weniger als ein zweiter Koffer in nur eine der beiden Richtungen und wie gesagt, die Monatskarte. Hat also alles seinen Sinn.

Im Kopf vorgepackt hab ich auch schon, aber da ich mir die Koffer von einer Freundin leihen musste, die erst heute (einen Tag vorher) wieder aus ihrem eigenen Urlaub zurück ist, sitze ich jetzt hier und muss noch packen. Aber zumindest weiß ich jetzt schon mal, was ich so mitnehme.

Okay, vielleicht bin ich doch nicht ganz so schlecht vorbereitet. Organisatorisch zumindest. Mental – oh, boy.


Nur ein paar Stunden ist es jetzt noch hin, mein eigenes kleines, großes Abenteuer. Ich hab noch nicht mal gepackt, aber die Wäsche ist immerhin sauber und bereit, yay. Natürlich hab ich mir, direkt nachdem ich den Flug gebucht habe, sofort eine Countdown-App geladen, 66 Tage. Jetzt sind ist es nur noch einer. Jeden Tag habe ich gezählt, sehnsüchtig auf den Moment gewartet, wenn ich endlich wieder in meiner Lieblingsstadt sein kann und diesmal tatsächlich für zwei ganze Monate. Und nun, kurz vorher… Ja, was denn eigentlich?

Selbstverständlich freue ich mich immer noch wie eine Wahnsinnige. Seit ich das erste Mal in New York war, wusste ich: Hier will ich mal hin. Länger als sechs Tage. Ein paar Jährchen im besten Falle. But I’ll take what I can get und das sind momentan nun mal zwei Monate. (Dann beginnt das Semester wieder.)

Aber: Das Ganze wird jetzt doch etwas realer und greifbarer. Ich bin zwei Monate lang weg von Zuhause, von meiner gewohnten Umgebung, meinem Freund, meinem Bett. Für manche kein Problem, aber als jemand, der gelegentlich mit Anxiety und Panikattacken zu kämpfen hat, doch ein großer und leicht beunruhigender Schritt. Weg von Gewohntem zu sein, ist da nicht immer leicht. Meine Gedanken hierzu und meiner ersten Reise nach New York hab ich übrigens schon mal ganz gut in einem Instagram-Post zusammengefasst, deshalb füg ich den hier mal eben ein:

This is so relevant, considering my time in New York. Mostly I am very, very happy that i got to live the adventurous experience that this trip has been. Then, other times, I feel like my overall happiness kind of peaked there. I got to meet some amazing people, strangers and friends alike, I met @tizlee for the first time and I couldn’t have asked for a better partner to explore this amazing city and experience the spectacle that was Hedwig with. Standing in the pouring rain for hours at stagedoor wouldn’t have been nearly as enjoyable without them, and when I was jittery and overexcited, it was them I could share those things with, without ever, for one moment, feeling like I was annoying or overdoing it. Also, What would I have done without them, when I lost my wallet with all the essential things in it? But it was the day, my first day I spent there, all by myself, that changed me forever. Exploring the city on my own, taking that 9 hour flight and spending every night alone, without anyone to accompany me when I am prone to panic attacks, anxiety and feeling claustrophobic made me realize that I don’t need to be scared of these things. I can’t say 'no' to all the great opportunities life throws at me because I am scared I won’t be able to do it without someone being by my side. Yes, I still will be scared sometimes, yes, I still get anxious and panicky but I will forever know that I can do it. I am so glad I took this trip. I now strive to face the challenges that come with it, 'cause even though I know that it’s not going to stop, I know that i can get through it and that I am capable of facing my fears. Then other times, though I really, really wouldn’t wanna miss this experience, I feel like it can only go downhill from here. I can’t imagine anything that could be better than this. Sometimes I feel like the happiest moment of my life already happened and that is kind of sad. And I am starting to forget how I felt, it’s just kind of floating away and fading into a memory, and I don’t want to loose that feeling. I’d give everything, everything, just to live it again.

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Also: Ich hab es schon mal geschafft, ich kann’s bestimmt nochmal. Und andere gehen für ein Auslandsjahr auch länger weg als zwei Monate und überleben das ja auch irgendwie.

Von Vorteil ist da natürlich auch, dass ich, statt in einem kalten Hotel bei einem lieben Freund wohne, den ich hier in Berlin kennengelernt habe. Übrigens als Couchsurfer. Ich hab ihn auf unserer Couch pennen lassen, und mittlerweile sind wir richtig gute Freunde. Couchsurfen und hosten lohnt sich, Leute!

Eine weitere Sorge ist natürlich immer das Geld. Eigentlich kann ich mir zwei Monate in New York nicht so richtig leisten, aber ich hab’ ein gutes Kreditkartenlimit und festes Einkommen – und auch wenn ich mit etwa 2000€ Schulden da wieder raus komme, kann ich das langsam, aber stetig abbezahlen. Wär’ ja nicht das erste Mal. (Wer später irgendwann mal lesen will, wie ich komplett verkacke und dann zwei Jahre lang einen Schuldenberg mit mir umherschleppe, der hebt jetzt die Hand.)

Zusätzlich lasten noch ein paar weitere kleine Probleme auf mir, die ich hier nicht weiter thematisieren möchte. Es ist eben so: Die ungezügelte Vorfreude weicht so kurz vor der Abreise eben doch ab und an mal dem Zweifeln. Kann ich mir das leisten? Schaff ich das allein? Was, wenn ich angeschossen werde?

Ich war jetzt schon mehrmals in New York, aber noch nie auch nur annähernd so lange. Wir haben so viele tolle Sachen geplant, und ich hoffe sehnsüchtig, dass wir jede einzelne umsetzen können – Roadtrips, Festivals, Musicals und den ganz normalen Alltag als New Yorker – ein Event an sich. Ich bin nicht besonders tourihaft ausgelegt, ich möchte einfach nur dort leben – aber eben auch erleben und das meiste aus meinen zwei Monaten dort machen.

Morgen geht es also los und dann heißt es: Hallo Pokémon, die es hier nicht gibt und auf Wiedersehen genießbares Brot! (Ich werde dich vermissen).